Eure Beteiligung ist erwünscht!

Vertreterinnen und Vertreter aus unterschiedlichen Mieterverbänden haben sich in den letzten zwei Jahren an verschiedenen Aktivitäten beteiligt, wenn es um die Anliegen der Beschäftigten in der Wohnungswirtschaft ging. So zum Beispiel beim Runden Tisch des Fachbereich 13 von ver.di in NRW, bei den Branchenkonferenzen in Essen und in Berlin und beim Pressegespräch zur bundesweiten Tarifrunde der Wohnungswirtschaft. Jetzt ist eure Beteiligung gefragt!

Die „Mieten & Wohnen Konferenz“ findet am Freitag, 25.9. & Samstag, 26.9.2015 in Hamburg statt. Die OrganisatorInnen der Konferenz haben gebeten, ihre Einladung auch hier auf dem WoWi-Blog bekanntzumachen. Sie gilt vor allem auch für die Beschäftigten der Branche!

Bei der Konferenz geht es darum, sowohl „verschiedene Vorstellungen für lebenswerte und bezahlbare Wohnungen“ zu vertiefen als auch „die Vernetzung wohnungspolitisch aktiver AkteurInnen und Institutionen in Deutschland“ voranzutreiben. Die Ergebnisse sollen die Grundlage für eine Zusammenarbeit nach der Konferenz bilden, im Netzwerk „Mieten & Wohnen“. Wenn es für euch wichtig ist, dass auch die Sichtweise der Beschäftigten der Wohnungswirtschaft in den Diskussionen vertreten ist, macht mit und meldet euch an!

Flyer zur Konferenz

Anmeldungen zur Konferenz sind telefonisch, per Mail oder per Brief möglich bei:

Martin Krämer /

Netzwerk Mieten & Wohnen c/o MhM, Bartelsstraße 30, 20357 Hamburg

Tel. 0234 96 11 464

info@netzwerk-mieten-wohnen.de

Mehr Infos findet ihr demnächst auch unter: Netzwerk Mieten & Wohnen

„Die Welt“ hat’s verbockt: Der echte Vergleich zwischen Annington und Amazon hat mit den Beschäftigten zu tun!

Logo-Ente-Dunbo_webRolf Buch, der Chef des Marktführers Deutsche Annington, reist derzeit durch Deutschland, um das öffentlich Image seines Unternehmens zu verbessern. In dem Interview „Was Deutschlands größter Vermieter von Amazon lernt,“ in der Zeitung „Die Welt“ hat Buch einen Vergleich zwischen Annington und Amazon gezogen, bezüglich der Fähigkeit, zukünftige Entwicklungen im Markt vorauszusehen.

…Wir nutzen auch mathematische Tools, Algorithmen, wie auch Amazon sie anwendet, um vorherzusagen, welches Buch Sie als Nächstes kaufen…

Wir aber haben den besseren Vergleich! Keiner der beiden Großkonzerne interessiert sich bisher wirklich für stabile und faire Arbeitsbedingungen bei den Beschäftigten. Momentan sind nur 20% der Beschäftigte der Deutsche Annington tarifgebunden. Tendenz sinkend. Beschäftigte der Deutsche Annington arbeiten oft nebeneinander, machen den gleichen Job, der eine verdient mehrere hundert Euro im Monat weniger als der andere, arbeitet jeden Tag länger, genießt weniger Urlaub, hat kein Urlaubs- und Weihnachtsgeld, usw.

Hunderte Beschäftigten der Deutschen Annington, die sich im letzten Jahr bei ver.di organisiert haben, sehen deswegen eine definitiv neue Entwicklung in ihrem Konzern voraus: Sie werden einen Tarifvertrag mit ihrem Arbeitgeber aushandeln, bei dem alle Kolleginnen und Kollegen endlich gleichbehandelt werden! Und das wird sowohl das Image als auch die Realität der Annington verbessern, weit mehr als jede Pressearbeit und Namensveränderung.

Hier der Link zum Artikel in „Der Welt“:

Was Deutschlands größter Vermieter von Amazon lernt (Die Welt, 13.8.2015)

Wohnraum als Ware, Beschäftigte als Sparfaktor

ver.di PublikAusgabe 05:  Link zum Artikel in der ver.di Publik

In der Tarifrunde für die 65.000 Beschäftigten gab es erstmals seit langem kollektive Aktionen. Organizer gewinnen neue ver.di-Mitglieder.

von Jörn Boewe und Johannes Schulten

Hunderttausende Wohnungen sind seit Anfang der 90er Jahre privatisiert worden. Mit Personalabbau, Arbeitsverdichtung und Tarifflucht haben Finanzinvestoren ihre Renditen gesteigert. Doch die Beschäftigten gewinnen an Selbstbewusstsein, wie sich in der Tarifrunde gezeigt hat. „Wohnungsverwalter waren noch nie besonders kämpferische Gewerkschafter“, sagt Sabine Herbst, Betriebsrätin bei der Berliner Gewobag, dem zweitgrößten kommunalen Wohnungsunternehmen der Hauptstadt. „Bei uns steht keiner mit dem Transparent vor der Tür.“ Aber das ändert sich zurzeit.

Wohnraum als Ware

Lange war die Wohnungswirtschaft sozialpartnerschaftlich ausgerichtet – und das nicht von ungefähr. Allein die Idee, dass Kommunen preiswerte Wohnungen bauen oder Unternehmen für ihre Arbeiter und Angestellten Werkswohnungen bereitstellen, ist sozial, von den Wohnungsbaugenossenschaften, den Selbsthilfeorganisationen der Arbeiterbewegung, ganz zu schweigen. Doch längst ist Wohnraum zur Ware geworden, zum Spekulations- und Renditeobjekt – und das nicht nur im Luxussegment, sondern auch im Massenmarkt. Um die Jahrtausendwende ging es richtig los: Internationale Finanzfonds kauften günstige Wohnungen zu Hunderttausenden. Mieter bekamen schnell zu spüren, was der Eigentümerwechsel für sie bedeutete. Um ihre überzogenen Renditeerwartungen zu erfüllen, nutzten die Investoren jeden Spielraum für Mieterhöhungen. Ausgewählte Bestände wurden luxusmodernisiert, bei einem Großteil der Wohnungen, vor allem im unteren Mietpreisbereich, wurde dafür radikal an der Instandhaltung gespart.

Und auch für die Beschäftigten änderte sich einiges. Allein der Branchenriese Deutsche Annington baute Hunderte Arbeitsplätze in mehreren Wellen ab. Besonders heftig wurde es nach der Finanzkrise 2008. Das Unternehmen schloss die regionalen Kundencenter, die Mitarbeiter/innen bekamen nun ihre Arbeitsaufträge auf die Laptops geschickt. „Ihr Arbeitsplatz war ab jetzt im Auto“, erinnert sich der Konzernbetriebsratsvorsitzende Manfred Nordwig, „und ihre Toilette im besten Fall bei McDonald’s. Kolleginnen und Kollegen sind darüber krank geworden“. Wo wieder Personal eingestellt wurde, geschah das seitdem in tariflosen Gesellschaften. Die Unternehmensstruktur wurde inzwischen gezielt darauf zugeschnitten. „Jedes tarifgebundene Konzernunternehmen“, sagt Manfred Nordwig, „hat eine tariflose Schwestergesellschaft“.

Abgeschoben in Tochtergesellschaften

Nicht besser verhielten sich die anderen privaten Unternehmer in der Branche. Doch der Druck, „marktkonform“ zu agieren, prägte bald auch die Arbeitsbedingungen der öffentlichen Unternehmen. Auch sie lagerten immer mehr Tätigkeiten aus. So lief es bei der Gewobag, einem zu hundert Prozent im Besitz des Landes Berlin befindlichen Wohnungsbauunternehmen mit 100.000 Wohnungen. Wie die Hauswarttätigkeiten wurde dort auch die Mietergewinnung vom Schalten der Anzeigen über die Wohnungsbesichtigung bis zum Vertragsabschluss in eine Tochtergesellschaft ausgelagert. Anstelle des Tarifgehalts bekommen die Mitarbeiter/innen jetzt einen Mix aus einem Festgehalt und einer Provision.

Kollektive Aktionen

„Die Arbeit wird immer weiter zergliedert“, sagt Gewobag-Betriebsrätin Sabine Herbst. Immer weniger Leute müssten immer mehr Aufgaben bewältigen. Die Arbeitsverdichtung ist ein großes Problem. „Doch langsam, aber sicher beginnen die Kolleginnen und Kollegen damit, sich zusammenzuschließen. Wir gewinnen ständig neue Mitglieder“, fügt sie hinzu.

Sabine Herbst gehört auch zur ver.di-Bundestarifkommission für die Immobilienwirtschaft. Ende Juni konnte ver.di gemeinsam mit der IG BAU für die bundesweit 65.000 Beschäftigten einen Tarifabschluss erreichen. Dadurch bekommen die Beschäftigten seit Anfang Juli 2,4 Prozent, mindestens aber 70 Euro Gehalt mehr. „Wir hätten uns mehr erhofft“, räumt Carla Dietrich von der ver.di-Bundesverwaltung ein. Aber „bei unserem noch schwachen Organisa­tionsgrad“ sei das ein gutes Ergebnis. „Wir haben den Einstieg in einen Sockelbetrag geschafft, der das Gehalt der Kollegen in den niedrigen Entgeltgruppen stärker anhebt.“ Neu sei gewesen, dass es erstmals seit langem kollektive Aktionen und eine breite Diskussion gab. „Auf diesem Weg machen wir weiter“, sagt Dietrich. „Wir werden Schritt für Schritt mehr Mitglieder gewinnen, um Druck ausüben zu können und die Tarifbindung zu stärken.“

Nächstes Etappenziel ist der Marktführer Deutsche Annington. In zwei ausgewählten Tochtergesellschaften ist es ver.di bereits gelungen, so viele Kolleg/innen zu organisieren, dass im Unternehmen nun Tarifkommissionen gewählt werden können. Gezielt hat die Gewerkschaft seit Ende 2013 in einem Organizing-Projekt darauf hingearbeitet.

„Ob wir damit Erfolg haben, entscheiden am Ende aber die Beschäftigten“, sagt ver.di-Sekretär Jeffrey Raffo. „Wir können ihnen dabei helfen, aktiv zu werden, um ihre Situation zu verbessern.“ Doch machen müssten sie es selbst. Raffo ist US-Amerikaner. Er war früher jenseits des Atlantiks als Organizer in gewerkschaftlich schwachen Branchen wie dem Gesundheitswesen und der Textilindustrie aktiv und hat dann in Deutschland für die IG Metall Beschäftigte im Windkraftanlagenbau organisiert. Im Herbst, so der Plan von ver.di und den Aktiven, wollen die neugewählten Tarifkommissionen der Deutschen Annington ihre Forderungen präsentieren.